Texte von "Klänge in der Nacht" am 20.3.2015
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Klänge in der Nacht 20.3.2015 21:00
Mose an der Kanzel
Ich bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Als ein Zeichen für die Menschen: Die Predigten hier, sie stehen auf dem Grund der Zehn Gebote. Die Predigten, die hier gehalten werden, sie fußen auf dem Alten Testament. Ihr habt gemeinsame Wurzeln mit dem Judentum. Manchmal, in eurer Geschichte, da wäre es gut gewesen, ihr hättet auf dieses Zeichen geachtet.
Ich bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel.
Seit über 300 Jahren erinnere ich euch an meine Geschichte. Ich war es, der die Israeliten zum Aufbruch drängte, in Gottes Namen. Ich war es, der sie führte. Ich bin es, der jeden Tag hier steht und euch sagt: Leben im Glauben, das ist nicht Stillstand. Leben im Glauben an Gott, das ist immer wieder neu. Aufbruch zu Neuem. Veränderung. Wege gehen, die noch nie jemand gegangen ist.
Leben im Glauben an Gott, das ist aber auch: Vertrauen darauf, dass Gott es schon gut machen wird. Auch in mir war dieses Vertrauen nicht immer groß genug. Auch ich habe Fehler gemacht, wollte eigene Wege gehen. Zweifelte an Gott und seinem Plan.
Doch am Ende war Gott es, der uns geführt hat, durch die lange Wüstenzeit, durch alle Zweifel, durch alles Elend. Am Ende war Gott es, der uns ins Gelobte Land leitete.
Aufbruch! Neue Wege gehen! Würdet ihr mich kennen, hätte ich damals nichts gewagt?
Was ist mich euch? Habt ihr euch bequem eingerichtet in eurem Leben? Oder seid ihr noch empfänglich für den Ruf Gottes?
Ich bin Mose. Ich habe den Aufbruch gewagt mit meinem Volk. Wagt ihr es auch! Wagt euch zu den Ufern, stellt euch gegen den Strom!
Stufen (Hermann Hesse)
Lied: Wagt euch zu den Ufern
Der Adler des Johannes
Ich bin der Adler des Johannes. Ein Symbol. Immer dabei, wenn der Evangelist abgebildet wird, und doch nur eine Nebensache. An mir erkennt ihr überhaupt erst den Evangelisten, doch mehr Funktionen habe ich nicht. Löwe, Stier, Mensch: Das sind die Symbole der anderen. Doch zu Johannes gehöre ich, der Adler.
Johannes: Der Evangelist, der andere Wege ging. Der Evangelist, der das Mysterium des Wortes Gottes betonte. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ So schreibt er, Johannes, über die Geburt Jesu. Das Wort kommt in die Welt. Verändert sie, wirkt kraftvoll und geheimnisvoll und doch offen und frei in der Welt. Verändert die Welt – himmelwärts.
Ja, ich passe zu ihm, zu Johannes. Ich, der Adler. Kraftvoll, geheimnisvoll, frei schwebe ich über allem. Schwinge mich hinauf in den Himmel. Ziehe meine Kreise, überblicke die Welt.
Ich, der Adler des Johannes, sage euch: Erhebt euch, ihr armen Menschenkinder! Gott hat mehr für euch bereit, als ihr zu träumen wagt. Erhebt euch aus euren Sorgen und Ängsten, eurer Trauer und Hoffnungslosigkeit. Fliegt mit mir hinaus, seht das große Ganze, erfreut euch am großen Wunder Gottes! Habt Teil an meiner Kraft, meinen Geheimnissen, meinem scharfen Blick. Erhebt euch mit mir, hinauf in den Himmel!
Doch verwechselt diesen Flug nicht mit reiner Selbstverwirklichung. Schaut mich an: Mein Blick geht zu Johannes, zu dem ich gehöre, wie er zu Jesus gehört. Denn sein Blick wiederum: Er ist auf den Taufstein gerichtet. Erhebt euch, ihr armen Menschenkinder! Doch verliert nicht den Blick für das Wesentliche. Erhebt euch mit mir. Lasst euch verändern – himmelwärts.
Himmelwärts
Himmelwärts.
Der Sonne entgegen
Die Welt tief unter mir.
Wie ein Adler
schweben
Flügel schlagen
Weite erfahren.
Kein Schmerz, keine Sorgen, keine Angst.
Einfach nur sein.
Stark. Mächtig. Frei.
Einfach nur sein:
Himmelwärts.
Wer du auch seist (Rainer Maria Rilke)
Wer du auch seist: am Abend tritt hinaus
aus deiner Stube, drin du alles weißt;
als letztes vor der Ferne liegt dein Haus:
wer du auch seist.
Mit deinen Augen, welche müde kaum
von der verbrauchten Schwelle sich befrein,
hebst du ganz langsam einen schwarzen Baum
und stellst ihn vor den Himmel:
schlank, allein.
Und hast die Welt gemacht. Und sie ist groß
und wie ein Wort, das noch im Schweigen reift.
Und wie dein Wille ihren Sinn begreift,
lassen sie deine Augen zärtlich los.
Lied: Ich lebe mein Leben
Der Kämmerer
Apostelgeschichte 8, 26-39
Der Kämmerer
„Der Kämmerer aus Äthiopien“. Unter diesem Namen kennt ihr mich. Finanzminister der Königin. Ein mächtiger Mann. Und doch war ich auf der Suche. Unzufrieden. Meine Leben war so ohne Sinn. Irgend etwas musste da doch sein, dachte ich, in diesem Jerusalem. Irgend etwas musste dran sein an diesem Gott der Israeliten. Ihn suchte ich. Erhoffte mir Sinn von ihm.
Doch sie, die Juden, ließen mich nicht heran. Da konnte ich mächtig und reich sein, so viel ich wollte. In den Tempel durfte ich nicht. Enttäuscht trat ich den Rückweg an. Nichts hatte ich gefunden außer Ablehnung. „Du gehörst nicht dazu“, ja, die Botschaft war angekommen. Nur eine Schriftrolle hatte ich mir gekauft, doch ich verstand nicht, was ich da las. „Wie ein Schaf, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Lamm, das vor seinem Scherer verstummt, so tut er seinen Mund nicht auf.“, so stand da bei diesem Propheten Jesaja.
Und dann war da auf einmal dieser Fremde. Alle anderen hatten mich abgelehnt, schief angesehen, ausgeschlossen. Doch er? Er war für mich da. Er ging auf mich ein. Er beantwortete meine Fragen. Und erzählte mir von diesem Jesus. Dem Sohn Gottes. Der Hoffnung für die Welt.
Dieser fremde Mann, er hat mich überzeugt. Diesem Jesus, von dem er erzählte, dem wollte ich auch angehören. Und ihm DURFTE ich auch angehören. Für ihn war ich nicht der fremde Außenseiter. Für Jesus war und bin ich Gottes geliebtes Kind, ganz egal, welche Hautfarbe ich habe, ganz egal, welcher Nation ich angehöre.
Meine Trauer wandelte sich in Freude. Überschwängliche Freude! Ich durfte dazugehören. Ich durfte mich taufen lassen. Ich gehöre dazu. Welche unermessliche Liebe Gottes! Mehr war nicht nötig. Ich ließ mich taufen. Und: Ich zog meine Straße fröhlich. Ja, dieser Glaube hat mich froh und glücklich gemacht. Seit diesem Tag, bis zu meinem Tod, habe ich an keinem Tag versäumt, Gott zu loben und zu danken. Er hat mich angenommen. Lobet Gott! Halleluja!
Jemand hat zu mir gesprochen (Josef Dirnbeck/Martin Gutl)
Lied der Liebe (Friedrich Hölderlin)
Engelfreuden ahnend, wallen
wir hinaus auf Gottes Flur.
Dass von Jubel widerhallen
Höhn und Tiefen der Natur.
Heute soll kein Auge trübe,
Sorge nicht hienieden sein,
jedes Wesen soll der Liebe
Frei und froh, wie wir, sich weihn!
Singt den Jubel, Schwestern, Brüder,
Fest geschlungen, Hand in Hand!
Hand in Hand das Lied der Lieder,
Selig an der Liebe Band!
Steigt hinauf am Rebenhügel,
Blickt hinab ins Schattental!
Überall der Liebe Flügel,
Hold und herrlich überall!
Liebe schwingt den Seraphsflügel,
Wo der Gott der Götter thront,
Lohnt die Trän am Felsenhügel
Wann der Richter einst belohnt,
Wann die Königsstühle trümmern,
Hin ist jede Scheidewand,
Biedre Herzen heller schimmern,
Reiner, denn der Krone Tand.
Lasst die Scheidestunde schlagen,
Lasst des Würgers Flügel wehn!
Brüder, drüben wird es tagen!
Schwestern, dort ist Wiedersehn!
Jauchzt dem heiligsten der Triebe,
den der Gott der Götter gab,
Brüder, Schwestern, jauchzt der Liebe,
Sie besieget Zeit und Grab!
Lied: Alle Knospen springen auf
Philippus und Bartholomäus
Ich bin Bartholomäus. Hier rechts auf dem Bild, an diesem uralten Taufstein. Der mit dem großen Messer. Einer der allerersten Jünger Jesu. Zusammen mit meinem guten Freund Philippus, der mir von als erster von Jesus erzählte, bin ich hier abgebildet. Eigentlich heiße ich Nathanael, Sohn des Bartholomäus, aber der Name meines Vaters ist irgendwie auf mich übergegangen.
Einer der allerersten Jünger war ich. Immer habe ich treu zu Jesus gestanden. Immer hatte ich die Worte Jesu im Ohr, die er mir damals sagte, bei unserer ersten Begegnung: „Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf- und herabfahren über dem Menschensohn.“
Ja, ich habe den Himmel offen gesehen! Ich bin mit Jesus durchs Land gezogen. Wunder über Wunder habe ich erlebt. Und dann, das allergrößte Wunder: Seine Auferstehung!
Davon habe ich den Menschen erzählt. Von diesem außergewöhnlichen Mann Jesus. Dem Sohn Gottes. Dem Menschensohn, wie er sich selbst viel lieber nannte. Und ich habe festgehalten an meiner Überzeugung. Gegen alle Anfeindung. Gegen alle Bedrohung. Besonders in Armenien habe ich viele zum Glauben bekehrt, bis es dem König zu viel wurde. Grausam wurde ich hingerichtet, glaubt mir, ihr wollt es gar nicht so genau wissen. Doch kein Messer, keine Qualen, kein Tod konnte mich jemals trennen von ihm. Von der großen Liebe Jesu. Ich konnte den Himmel offen sehen, als ich starb. Nun bin ich bei ihm. Kein Leid mehr, keine Verfolgung, keine Schmerzen. Ich bin bei ihm. Ich bin zu Hause.
Christenverfolgung heute
(Text gekürzt): http://www.christenverfolgung.org/21-entfuehrte-kopten-getoetet.html
Verfolgt
Rot das Meer.
Die ganze Welt getränkt
von Hass und Krieg,
zerstörend, brutal.
Unser Blut.
Unsere Angst.
Unsere Verzeiflung.
Unser Tod.
Ihr schreit, jubelt, mordet,
kämpft, zerstört,
meint, ihr reinigt die Welt
durch unser Sterben.
Er tat den Mund nicht auf
liebte und heilte
reinigte die Welt
durch sein Sterben.
Sein Blut.
Seine Angst.
Seine Verzweiflung.
Sein Tod.
Er färbte das Meer
Er tränkte die Welt
mit seiner Liebe,
heilend und sanft
Verwundet, geschändet, getötet,
hoffen wir doch auf ihn
ringen um Vergebung
und beten für euch.
Wer bin ich (Dietrich Bonhoeffer)
Lied: Meine Seele ist stille in dir
Auferweckung des Lazarus
Irgendwann (Gerhard Schöne)
Lazarus
Irgendwann, ach, das hatte doch noch lange Zeit. Ich, Lazarus, war doch noch nicht alt. Doch es kam so schnell, so plötzlich: Das letzte Mal von allem. Wie hatten wir noch gehofft, Jesus möge kommen, er, der Wundermann, er, der Kranke gesund machen kann! Doch er kam nicht. Hoffnung vorbei. Ein letztes Mal atmen. Alles vergangen. Loslassen. Dunkelheit. Tod.
Ich kann es nicht beschreiben, was geschah. Ich möchte fast sagen: Es war eine alles umfassende, strahlende Liebe, die mich zurückzog. Die mich festhielt. Die mir ohne Worte sagte: „Komm zurück! Du wirst hier noch gebraucht.“
Eine Liebe, die Leben spendet. Umfassende, selbst den Tod überwindende, völlige, grundlose, bedingungslose Liebe. „Lazarus, komm heraus!“ Ein neues Leben begann. Für mich. Für meine Freunde. Ein Leben, geschenkt aus Liebe.
Lied: Herr über die Zeit
Kreuz am Altar
Klein, unscheinbar, verloren
inmitten all der Pracht
all der Kunstwerke
leicht zu übersehen
und doch ist es
das Wichtigste
das Zentrum
die Quelle
das Kreuz
Tod
...
Leben
das Kreuz
die Quelle
das Zentrum
das Wichtigste
nicht mehr ist es
jemals zu übersehen
alle Kunst weist auf ihn.
Alle Pracht gilt doch nur ihm.
Kleiner Mensch, unscheinbar, Retter.
Auferstehung (Marie-Luise Kaschnitz)
Johannes 19, 16-30
Lied: „Es ist vollbracht“
Ohne Tod (Marie-Luise Kaschnitz)
Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?(Josef Dirnbeck/Martin Gutl)
Lied: Der Müden Kraft
Ostersegen
Und nun geht. Geht mit Gottes Segen.
Geht in euer Leben, voller Kraft.
Liebt und streitet, lacht und weint,
lebt jeden Tag voll großer Leidenschaft.
Also geht. Gehet eure Wege.
Füllt die Tage, die er euch geschenkt.
Nutzt eure Gaben, bringt die Welt zum Blühen!
Denn alles kommt von dem, der Erd und Himmel lenkt.
Und nun geht. Das Leben ist voll Wunder.
Und selbst der Tod ist nunmehr nur ein kleines Tor.
Aus allem Dunkel, allen Trauerfalten
spitzt heut das Licht von Gottes Liebe vor.
Texte aus den "Klängen in der Nacht" 2010-2014 finden Sie in dem Buch "Ich bin Mose. Kirchliche Kunstwerke erzählen" www.ichbinmose.de
Ich bin Mose
Texte aus den ersten zehn "Klängen in der Nacht" finden Sie im Buch:
"Ich bin Mose. Kirchliche Kunstwerke erzählen" von Heiko Kuschel, ISBN 978-3-7347-4264-4, 7,90 €
www.ichbinmose.de