Texte der Klänge in der Nacht am 6.12.2019

(Einige Texte wurden aus Copyright-Gründen nicht mit veröffentlicht.)
Texte ohne Autorangaben: Heiko Kuschel.

Station 1: Mose

Mose an der Kanzel

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Ich bin Mose. #klaengeindernacht

Ein Beitrag geteilt von Heiko Kuschel (@kuschelkirche) am

Ich bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Als ein Zeichen für die Menschen: Die Predigten hier, sie stehen auf dem Grund der Zehn Gebote. Die Predigten, die hier gehalten werden, sie fußen auf dem Alten Testament. Ihr habt gemeinsame Wurzeln mit dem Judentum. Manchmal, in eurer Geschichte, da wäre es gut gewesen, ihr hättet auf dieses Zeichen geachtet.

Ich bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Und ich sage euch: Ich möchte gar nicht mehr weg von hier. Hier, in dieser Kirche, ist meist Ruhe. Ich erlebe fröhliche und traurige Gottesdienste. Ich sehe Menschen, die in Ruhe beten und andere, die sich die Kunstwerke ansehen. Hier ist es ruhig. Hier erleben viele, dass sie Gott nahe sein können.

Doch wenn die Tür aufgeht, bringen die Menschen sie mit sich: Die Welt da draußen. Diese laute und so kaputte Welt. Die Verfolgung von Andersgläubigen, überall, auch bei uns. Den Hass auf Juden, also auch auf mich, hier in Deutschland und überall auf der Welt. Die erbitterten Kriege. Immer noch wird gekämpft in Syrien und an so vielen Orten auf der Welt. Die Menschen auf der Flucht. Die Hungernden, die Verzweifelten. Die Sorge um das Klima der Welt.

Und selbst bei euch hier, in Deutschland, in einem der reichsten Länder der Welt, leben Menschen auf der Straße. Manchmal kommt einer von ihnen zu mir. Ruht sich aus auf der Bank. Wärmt sich. Erzählt von seinem Leben. Ich höre zu, still und verständnisvoll, und blicke ihm noch lange nach, wenn er längst wieder gegangen ist.

Ich bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Und immer öfter denke ich mir: Es ist genug. Es muss doch mal ein Ende haben. Es ist genug, Herr. Wann, wann kommst du in diese Welt? Wann machst du die Erde heil? 

Psalm 73,23-26

Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand, du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an. Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.

Wenn unsere Tage verdunkelt sind

Wenn unsere Tage verdunkelt sind und unsere Nächte finsterer als tausend Mitternächte, so wollen wir stets daran denken, dass es in der Welt eine große, segnende Kraft gibt, die Gott heißt. Gott kann Wege aus der Ausweglosigkeit weisen. Er will das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln – zuletzt in den leuchtenden Morgen der Ewigkeit.

Martin Luther King

Großer Gott, wenn dein Reich kommt

Marielene Leist

Lied:  Wo ich auch stehe

Station 2: Schaufel

Die Schaufel des Johannes

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Die Schaufel des Johannes #klaengeindernacht

Ein Beitrag geteilt von Heiko Kuschel (@kuschelkirche) am

Nur ein kleines Detail an der Kanzel, ragt sie ein wenig vor in den Händen von Johannes dem Täufer. Der Schatten der Schaufel streckt sich im Hintergrund über das ganze Altarbild. Johannes mit Schaufel? Was soll das sein? Welch eine merkwürdige Symbolik. 

Nach dem Krieg war es, nach dem letzten, den dieses Land erleben musste. Deutschland war am Boden, die Häuser zerstört, Schweinfurt niedergebrannt in einer einzigen, verheerenden Nacht. Auch diese Kirche hatte etwas abbekommen, und vor allem die Kanzel war zersplittert in viele, viele Einzelteile.

Die Menschen machten sich daran, einen neuen Staat aufzubauen. Hunger, Entbehrung, harte Arbeit. Sie schaufelten den Dreck zur Seite, bauten neu, was sie konnten. Jemand setzte die Kanzel wieder zusammen in mühevoller Kleinarbeit. Doch Johannes, er stand da. Irgend etwas hatte er wohl in Händen gehalten, aber was? So drückten sie ihm in die Hand, was sie selbst hatten. Eine Schaufel. Eine Schuttschaufel nach dem Krieg. Er war nun einer von ihnen. Johannes, der Schaufler. Und so mahnt diese Schaufel uns bis heute: Krieg soll nach Gottes willen nicht sein!

Schatten

Nur ein Schatten 
ferner Bote 
einer grauenhaften Zeit
wabert am Firmament
dräuend
schwarz
mahnend
Nur ein Schatten
und doch, 
die Stimmen werden lauter heute
die von Blut und Boden faseln
Nur ein Schatten
ferner Bote
möge er
fern bleiben
und uns mahnen: Nie wieder Krieg!

Der siebenstöckige Engel

Hans Staiger

Lied:  Meine Seele ist stille in dir

Station 3: Statue „Ahrebienspring“

Statue „Ahrebienspring“

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Ahrebienspring #klaengeindernacht

Ein Beitrag geteilt von Heiko Kuschel (@kuschelkirche) am

Die Hände in einem stummen Hilfeschrei nach oben gestreckt, so stehe ich hier, mitten in dieser Kirche. Ihr kennt mich nicht, kennt nicht meinen Namen, nicht mein Gesicht, das doch gar nicht vorhanden ist. Ein Loch ist da, wo mein Gesicht sein müsste. Nichts wird von mir bleiben, gar nichts. Die Schatten meiner Hände strecken sich im Gewölbe um das Kreuz Jesu.

Einer von mindestens 1041 Menschen bin ich, die im Mittelmeer ertranken in diesem Jahr. Einer von mindestens 1041, die sich verzweifelt auf den Weg gemacht hatten, in der Hoffnung, irgendwo anders menschenwürdigere Lebensumstände zu finden.

Bruder, Schwester, so nenne ich euch. Habt Erbarmen mit uns. Wohin sollen wir denn fliehen? Wirtschaftsflüchtlinge seien wir, meinen einige von euch. Hungerflüchtlinge vielleicht, ja. Ist es ein Verbrechen, von einem Ort wegzugehen, der einen nicht mehr ernährt? 

Was genau mich antrieb – ihr könnt es nicht mehr erfahren. Was mein Leben ausmachte – es wird euch verborgen bleiben. Ich bin tot. Einer von mindestens 1041 Menschen dieses Jahr. Ich liege am Grunde des Meeres. Gesichtslos. Namenlos. Ohne Zukunft.

Matthäus 25,40

Jesus spricht: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“

Sieben Fragen an die Menschenliebe

Sieben Fragen an die Menschenliebe
Wie wäre die Welt, wenn es dich gar nicht gäbe?
Musst du auch die Menschen lieben, die dir total gegen den Strich gehen?
Wie gehst du damit um, wenn das passiert?
Macht es dich nicht wahnsinnig, zu sehen, wie oft du gebraucht würdest, aber keiner denkt an dich?
Würdest du gerne ganz anders erscheinen?
Wenn ja, wie?
Tut es weh, ein Leben lang so schief angesehen und als Gutmenschentum belächelt zu werden?

Licht auf das Kreuz

In den Wellen sangen sie
ihre Lieder von früher
zarte Erinnerungen
an ein anderes Leben
verzagt, leise, heiser, durstig
und doch trotzig
bis zum Ende
zum bitteren
Und der Geist Gottes 
schwebte über den Urfluten
Und ein Licht leuchtete
in sie hinein, durch sie hindurch 
Und im Sinken, im Tod 
erblickten sie IHN
am Kreuz
den Menschensohn
der gekommen war
alles Leid der Welt zu tragen

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Schatten #klaengeindernacht

Ein Beitrag geteilt von Heiko Kuschel (@kuschelkirche) am

Jesaja 9

Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.

Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit.

Jesaja 9,1.2.4-6

Worauf warten wir noch? 

Aus der Abschlusspredigt von Pfarrerin Sandra Bils beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 2019:

Wenn wir Jesus glauben: Was ihr dem geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan, dann ist für uns Lebenretten kein Verbrechen, sondern Christenpflicht. 

Man lässt keine Menschen ertrinken! Punkt!

Und dann dreht sich unsere Kirchenwoche nicht nur um den Sonntag, sondern auch um den Freitag.

#FridaysForFuture. 

Wir suchen und fragen dann gemeinsam mit anderen, welcher Lifestyle und welche Werte dem Willen Gottes entsprechen. Auch mit denen jenseits unserer Filterblase. Wir sehen wo Gott in der Welt wirkt – durch die Leute von Sea-Watch, SOS Méditerranée und Sea-Eye, durch Greta Thunberg und die Schülerinnen und Schüler, durch so viele andere – und dabei machen wir mit.
Werft euer Vertrauen, eure Unerschrockenheit, euren Glaubensmut nicht weg 

Behaltet euer Vertrauen, seid unerschrocken, zeigt gemeinsam euren Glaubensmut. Wir haben Gott an unserer Seite. Seine Zeit ist ganz und gar nicht vorbei. Unsere Zeit als Christinnen und Christen in dieser Welt ist nicht vorbei. Ich bin sicher: Wir werden gebraucht. Vielleicht mehr denn je.

Wir haben sein Versprechen, seine Verheißung: Gott liebt uns durch alles hindurch. 

Worauf warten wir noch?

Worauf warten wir noch?

Sandra Bils

Lied:  Adventslied 2015

Station 4: Adventskranz

Adventskranz

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Adventskranz #klaengeindernacht

Ein Beitrag geteilt von Heiko Kuschel (@kuschelkirche) am

Schon früher hing er hier, an dieser Stelle: Der Adventskranz. Seit Jahrzehnten stand er auf einem Ständer, nun hängt er zum ersten Mal wieder an der alten Stelle.

Majestätisch schwebt der grüne Kranz über dem Boden. Wer sich darunter stellt, kommt sich erhaben vor. Gekrönt. Gekrönt mit Gnade und Barmherzigkeit. 

Wie kaum ein anderes Symbol, zeigt uns der Adventskranz auf, was geschieht: Gott kommt. Mitten in unser Leben. Zwischen Himmel und Erde schwebt er, der Kranz. Jede Woche eine Kerze mehr. Jede Woche etwas näher zu dir, Gott.  

Näher zu dir

Hier stehe ich, mein Gott,
den Blick nach oben.
Der Kreis über mir
krönt mich
adelt mich
hebt mich empor
Mein Blick geht weiter
nach oben
Schatten spielen
am Gewölbe.
Du bist da.
Ich spüre es.
Du kommst.
Zu mir.
Mitten in mein Leben.

Lied:  Er ist heute noch so nah

Station 5: Statue „eRBe 12“

eRBe 12

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

eRBe 12 #klaengeindernacht

Ein Beitrag geteilt von Heiko Kuschel (@kuschelkirche) am

„eRBe 12“, so hat mich mein Erschaffer genannt. Ja, ich bin der Erbe. Ich brauche nichts zu tun. Meine Hände habe ich in den Schoß gelegt, mir fällt alles zu. Mein Unterteil ist ein Baumstamm, ein Stamm aus Metall, so fest, so unrührbar, ich bewege mich nicht.

Ungerührt schaue ich hinunter in die Kirche. Ungerührt schaue ich auf den Untergehenden, der mir jeden Tag und jede Nacht vor Augen ist, untergehend für immer, ohne Gesicht, ohne Namen.
Ehrlich, ich sehe ihn schon gar nicht mehr. Es langweilt mich. Ich bin der Erbe, er nicht. Mein Platz ist hier, im Zentrum, ich sitze hier und habe die Macht.

Schaut mich nicht so an, als wäre ich ein Ungeheuer. Macht ihr es denn besser? Seid ihr nicht auch reich, weil mehr als die halbe Welt für Hungerlöhne für euch schuftet? Die Arbeiter in den Erzminen Brasiliens, die Kaffeebauern in Afrika oder die Näherinnen in Bangladesh: Sie arbeiten für euch. 

Ihr seid die Erben. Ihr seid ich. Ihr braucht nur die Hände in den Schoß zu legen und alles fliegt euch zu. Ungerührt betrachtet ihr die Welt, das Leid darin, gebt mal zehn Euro für die Seenotrettung oder für Brot für die Welt, um das Gewissen zu beruhigen.

Ihr seid ich. 

Ihr seid die Erben der Welt.

Matthäus 25,40

Jesus spricht: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“

Das Christentum

Das Christentum ist kein blinder Seelenzauber.
Es lehrt nicht eine Mystik der geschlossenen, sondern eine Mystik der offenen Augen.
Im Entdecken, im Sehen von Menschen, die im alltäglichen Gesichtskreis unsichtbar bleiben, beginnt die Sichtbarkeit Gottes, öffnet sich seine Spur.

Johann Baptist Metz

Seht das Lamm Gottes 

Josef Dirnbeck/Martin Gutl

Wo, glaubt ihr

Lothar Zenetti

Lied:  Lege deine Sorgen nieder

Station 6: Krippe: Jesuskind

Jesus in der Krippe

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Krippe #klaengeindernacht

Ein Beitrag geteilt von Heiko Kuschel (@kuschelkirche) am

Die große, pompöse, farbige und spielerische Krippe – heute steht sie an einem anderen Ort als sonst. Alles hier dreht sich um das Ereignis schlechthin. Alles hier ist ausgerichtet auf dich.

Jesus, ich seh dich kaum.
Bist du denn da?
Wie nimmst du das alles wahr?
Bist von Gott gekommen, so erzählen sie.
Und nun blicken deine strahlenden Kinderaugen
in diese Welt.
Entschuldige, Jesus,
wir haben nicht saubergemacht.
Unsre Wohnzimmer vielleicht, ja,
doch die Welt, die ganze Welt,
sie ist so kaputt.
Du wirst es sehen, Jesus,
wenn du größer wirst.
Du wirst es heilen, Jesus,
wenn du zu den Menschen gehst.
Und doch, nichts ändert sich.
Seit Jahrtausenden bekriegen wir uns 
Nie herrscht der Friede, den deine Engel verkündeten.
Bist du doch zu klein?
Zu unscheinbar?

Aus Lukas 2

Wörter aus der Weihnachtsgeschichte, neu zusammengesetzt:

Zeit.
Zeit.
Herberge.
Fürchtet euch nicht, große Freude!
Kind, himmlisch eilend, in ihrem Herzen.

Als ein behutsam Licht

Josef Weinheber

Lied: Der Müden Kraft

Gebet

Sabine Bäuerle

Weihnachtssegen

Und nun geht. Geht mit Gottes Segen.
Geht hinein ins Dunkel dieser Nacht.
Spürt in allem, was euch dort begegnet,
die Freude, die euch Gott hat zugedacht.
Also geht. Gehet eure Wege.
Füllt die Erde an mit Zuversicht.
Singet laut an gegen alle Zweifel
von dem, der durch dies Kindlein zu uns spricht.

Doch nun geht. Die Nacht ist voller Wunder.
Das Leben ist erschienen uns im Kind.
Es lässt uns ahnen Licht und Fried und Freude
für alle die, die guten Willens sind.

Lied: Stille Nacht