Predigt beim Motorradgottesdienst: Rückenwind

Ich muss euch was gestehen.

Ich feiere jetzt schon seit 21 Jahren mit Unterbrechungen Motorradgottesdienste – früher in Gochsheim, jetzt seit ein paar Jahren in Schweinfurt – und finde das total schön mit euch – aber ich kann gar nicht Motorrad fahren. Und war in meinem ganzen Leben nur einmal bei jemandem hinten drauf. Und der war so dick, dass ich mich gar nicht richtig festhalten konnte, nee, das war nix für mich.

Hierher bin ich heute mit dem Fahrrad gekommen. OK, E-Bike, also im wahrsten Wortsinn ein Motor-Rad. Bin mir trotzdem nicht so ganz sicher, ob das hier zählt. Aber vieles von dem, was euch so beschäftigt, kenn ich auch als Radfahrer. Mein Handgelenk tut immer noch ein bisschen weh von dem Sturz im Januar, als mir ein Transporter die Vorfahrt genommen hat. Hätte viel schlimmer ausgehen können. So was kennen viele von euch bestimmt auch.

Und gerade beim Fahrrad ist das natürlich ganz ganz wichtig: Rückenwind!

Wenn der Wind von hinten kommt, dann geht alles gleich dreimal so gut. Du brauchst weniger Energie. Es weht dir nicht so viel ins Gesicht. Was für ein schönes Bild dafür, wie wir gesegnet durch die Gegend fahren, auf welchem Gefährt auch immer: Rückenwind!

Ja super, dachten Uwe und ich. Ich hab mir übrigens im Radio-Interview einen schönen Versprecher geleistet und ihn meinen „kollegischen Katholen“ genannt. Also, mein kollegischer Kathole Uwe und ich dachten: Da gibt’s doch diese wunderbare Stelle „der Geist weht, wo er will“. Die nehmen wir, die passt zum Rückenwind.

Und dann haben wir erst mal in der Bibel nachgeschaut und festgestellt: Da steht tatsächlich, der Wind weht, wo er will, hatten wir gar nicht gedacht. Aber der Rest vom Text ist auf den ersten Blick ein wenig ... erklärungsbedürftig. Ich lese das mal vor, aus dem Johannesevangelium, Kapitel 3.

Text: Joh 3, 1-8
1 Unter den Pharisäern gab es einen, der Nikodemus hieß. Er war einer der führenden Männer des jüdischen Volkes.
2 Eines Nachts ging er zu Jesus und sagte zu ihm: »Rabbi, wir wissen: Du bist ein Lehrer, den Gott uns geschickt hat. Denn keiner kann solche Zeichen tun, wie du sie vollbringst, wenn Gott nicht mit ihm ist.«
3 Jesus antwortete: »Amen, amen, das sage ich dir: Nur wenn jemand neu geboren wird, kann er das Reich Gottes sehen.«
4 Darauf sagte Nikodemus zu ihm: »Wie kann denn ein Mensch geboren werden, der schon alt ist? Man kann doch nicht in den Mutterleib zurückkehren und ein zweites Mal geboren werden!«
5 Jesus antwortete: »Amen, amen, das sage ich dir: Nur wenn jemand aus Wasser und Geist geboren wird, kann er in das Reich Gottes hineinkommen.
6 Was von Menschen geboren wird, ist ein Menschenkind. Was vom Geist geboren wird, ist ein Kind des Geistes.
7 Wundere dich also nicht, dass ich dir gesagt habe: ›Ihr müsst von oben her neu geboren werden.‹
8 Auch der Wind weht, wo er will. Du hörst sein Rauschen. Aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. Genauso ist es mit jedem, der vom Geist geboren wird.«

„Der Wind weht, wo er will“, sagt Jesus. Nun ja, wo er Recht hat, hat er Recht. Manchmal geht alles total leicht von der Hand. Manchmal haben wir Rückenwind ohne Ende. Und an anderen Tagen kommt die Brise ziemlich kräftig genau von vorne.

Wie geht’s dir heute? Wo stehst du in deinem Leben? Mit welchen schönen oder traurigen oder hoffnungsvollen Gedanken bist du heute hierher gekommen? Von woher weht der Wind? Bist du heute eher Team Rückenwind oder Team Gegenwind? Oder kommt er von der Seite, das ist manchmal noch viel unangenehmer, manchmal sogar gefährlich.

Wie geht’s dir heute? Was liegt hinter dir, was hat dich ausgebremst, was hat dir Kraft gegeben?

Wie geht’s dir heute? Wie blickst du nach vorne? Scheint der Weg geradeaus zu gehen oder ist er kurvig, steil, rutschig und das alles mit kräftigem Wind von vorne?

Der Wind weht, wo er will, sagt Jesus. Mal von vorne, mal von hinten, mal von der Seite, manchmal gar nicht, wenn man ihn braucht, oder viel zu stark, wenn man’s gar nicht brauchen kann.

Der Wind weht wo er will – aber Gott, der will bei dir wehen! Lässt du es zu? Bist du bereit dafür, dich vom Rückenwind Gottes tragen zu lassen? Dich anschieben zu lassen im Leben. Bist du bereit, dir neue Power geben zu lassen – von Gott, von Jesus, vom Heiligen Geist?

Der Wind weht wo er will – aber Gott, der will bei dir wehen! Wenn du mal wieder gar nicht weiter weißt, wenn dir im Leben der Wind viel zu stark entgegenkommt und gleichzeitig die Tankanzeige schon auf Dunkelrot steht – dann will Gott bei dir wehen. Von hinten. Liebevoll. Vorsichtig. Und doch voller Kraft.

Der Wind weht wo er will – aber Gott, der will bei dir wehen!

Hier, in diesem Gottesdienst, kannst du das hoffentlich spüren. Hier kannst du spüren: Ich bin nicht allein unterwegs. Viele andere sind da. Hier kannst du neuen Rückenwind kriegen. Und nachher natürlich noch deinen ganz persönlichen Segen.

Der Wind weht wo er will – aber Gott, der will bei dir wehen!

Vielen von euch hat Gott das ganz sichtbar versprochen, wahrscheinlich vor langer Zeit, bei eurer Taufe. Aber auch, wenn du nicht getauft bist, glaube ich fest, dass Gott dich liebt, bei dir ist, dich stärken will.

Das meint Jesus mit der „Neugeburt“ in unserem Text: Ihr seid jetzt schon geborene Mitglieder von Gottes Reich. Du gehörst dazu. Egal, was in deinem Leben passiert. Egal, wie viel Gegenwind du hast, wie oft dir jemand die Vorfahrt nimmt und dich vom Bike holt oder noch viel schlimmeres: Das kann dir niemand mehr nehmen. Du bist nicht nur Team Rückenwind, du bist Team Reich Gottes. In deinem Leben weht schon lange Gottes Wind, Gottes Geist. Selbst, wenn du es manchmal nicht spüren kannst. Gottes Wind ist da, um dich, hinter dir, stärkt dich, jeden Tag.

Du bist Team Reich Gottes.

Du hast immer Rückenwind.

Vergiss das nicht.

Amen.