Ansprache beim MehrWegGottesdienst: Freude wählen!

Freude wählen!

Puh, da haben wir uns ja wieder ein Thema rausgesucht. 

Dass die Zeit vor der Wahl derart aufgeheizt sein würde, haben wir vielleicht ahnen können.

Und jetzt noch dieser Anschlag in München. 

Und all die Anschläge davor.

Freude wählen? 

Können wir das heute überhaupt: Uns freuen?

Ist das ok, ist das vertretbar, sich heute zu freuen?

Ja, finde ich.

Wir haben uns bewusst entscheiden: Wir freuen uns.

Denn sonst würden wir doch nur denen in die Hände spielen, die das Gegenteil wollen.

Den politischen und den religiösen Extremisten, die wollen, dass wir Angst haben. 

Die wollen, dass wir verunsichert werden.

Die wollen, dass wir uns gegenseitig an die Gurgel gehen.

Aber wir, wir wählen heute:

Die Freude.

Die Nächstenliebe.

Die Mitmenschlichkeit.

Das Miteinander.


Manchmal ist es nötig, sich ganz bewusst dafür zu entscheiden.

Sich dafür zu entscheiden, keine Angst zu haben.

In der Bibel steht das so oft: Fürchte dich nicht!

Ich mag Science Fiction, und ich liebe sowohl Star Wars als auch Star Trek, was angeblich nicht möglich ist. Heute will ich aus beiden Serien zitieren. Erst mal William Riker aus Star Trek. Der sagt einmal angesichts eines übermächtig erscheinenden Gegners: „Furcht ist der Name des Gegners, des einzigen Gegners“.

Und Meister Yoda drückt es in einem der Star Wars-Filme so aus: „Furcht ist der Pfad zur dunklen Seite. Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid.“ 

Da stehen wir gerade: 

Wir haben Furcht.

Furcht vor den Fremden, nur weil sie fremd sind.

Furcht vor Anschlägen, obwohl Autofahren und sogar verheiratet sein viel gefährlicher ist, letzteres vor allem für die Frauen, aber ich möchte nicht Mordzahlen gegeneinander aufrechnen.

Fürchte dich nicht! Sagt die Bibel.

Entscheide dich gegen die Furcht.

Entscheide dich – für die Liebe. Für die Freude. Für die Mitmenschlichkeit.

Ja, das wird nicht immer so leicht sein. Manchmal gibt es Momente im Leben, in denen die Freude weit weg ist.

Wenn du einen lieben Menschen verloren hast.

Wenn eine schlimme Diagnose dein Leben völlig auf den Kopf stellt.

Wenn dich die Depression packt und nicht mehr los lässt.

Dann klingt das mit dem „Freude wählen“ erst einmal wie Hohn.

Aber eines bleibt in all dem: Die Zusage Gottes, dass du nie, niemals alleine bist. Auch dann nicht, wenn du dich von allen verlassen fühlst.

Gott wählt auch.

Und er wählt dich.

Das mit Yoda und Riker hab ich schon das eine oder andere Mal in Predigten erwähnt. Und auch meine Lieblings-Bibelstelle hab ich sicher hier auch schon mal genommen. Sie steht in Jesaja 55. Und sie beginnt erst mal mit einem gehörigen Schlag vor den Bug: 

Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.

OK, also gut, Gott. Ich bin halt nur ein kleines Würmchen. Ich verstehe deine Wege nicht. So könnte man vielleicht denken, und wenn wir ehrlich sind: Gott verstehen – das können wir alle nicht. Und auch manche verworrenen Wege nicht, die manchmal aus den schlechtesten Dingen etwas Gutes wachsen lassen können.

Der Text geht noch ein bisschen weiter, ich überspringe da ein Stück, und dann kommt diese wunderbare Stelle:

Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden. Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken mit Jauchzen und alle Bäume auf dem Felde in die Hände klatschen. 

Das ist Gottes Plan für uns. Gott wählt für uns die Freude. Eine Freude, die so groß ist, dass Jesaja sie nur in völlig irren Bildern beschreiben kann: Die Bäume sollen vor Freude in die Hände klatschen! Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken mit Jauchzen!

Ja, wenn’s dir gerade schlecht geht, kannst du vielleicht nicht selbst die Freude wählen.

Aber Gott wählt die Freude. Für dich.

Gott sagt: Fürchte dich nicht. Freue dich. 

Ich, Gott, habe eine frohe Botschaft für dich.

Du kannst frei sein von all den Sorgen.

Und selbst, wenn dein Leben irgendwann zu Ende geht:

Meine Liebe zu dir, die geht niemals zu Ende.

Bis dahin ist aber hoffentlich noch ein bisschen Zeit.

Und in der Zwischenzeit müssen wir uns um diese Welt kümmern, denn das ist unser Auftrag, die Erde zu bebauen und zu bewahren.

Sieht grade nicht gut aus, auf allen möglichen Ebenen. Klima, Frieden, Gerechtigkeit, soziale Sorgen.

Und nächste Woche können wir wählen.

Vielleicht hast du schon gewählt, vielleicht auch nicht.

Ich werde hier natürlich keine Partei empfehlen.

Aber vielleicht die Gedanken aus der Aktion „Für alle – mit Herz und Verstand“. 

Drei Worte stehen da im Vordergrund:

Menschenwürde. Nächstenliebe. Zusammenhalt

Urchristliche Werte. Werte, die für alle gelten, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Hautfarbe oder ihrer Sprache.

Wir Christinnen und Christen wissen das eigentlich, denn wir gehören weltweit zusammen. Wir sind weltweit gemeinsam der Leib Christi, bei allen Unterschieden.

Drei Worte: Menschenwürde. Nächstenliebe. Zusammenhalt.

Lasst uns so wählen, dass nicht die Angst, der Hass und die Ausgrenzung gewinnen. Sondern diese:

Menschenwürde. Nächstenliebe. Zusammenhalt.

Lasst uns die Freude wählen. Bei der Bundestagswahl – und im eigenen Leben.

Amen.

Aus dem MehrWegGottesdienst am 16.2.2025