Predigt beim Mittelaltergottesdienst: Der gute Kampf des Glaubens

Leider heute keine Audio-Aufnahme.

Zwei Ritter kämpfen gegeneinander. „Für Luther!“ „Für den Papst!“

Haltet ein, haltet ein! Was tut ihr da? Mit dem Schwert im Gottesdienst? Das kann doch nicht Euer Ernst sein!

Ach was, wenn's gegen die Papisten geht – immer fest drauf! Kämpft den guten Kampf des Glaubens, sagt doch schon der Apostel Paulus im ersten Brief an Timotheus! Also, kämpft für den rechten Glauben, liebe Ritter!

Prediger Kuschel, auch Ihr? So kämpferisch? Wir wollen hier Gottesdienst feiern!

Aber doch keinen Papisten-Gottesdienst, bitteschön! Wenn schon, dann lutherisch, Meister Göbel! Der gute Kampf des Glaubens um die richtige Auslegung desselben!

Was soll denn daran ein guter Kampf sein, wenn Menschen sich mit dem Schwert bekriegen, Prediger Kuschel? Noch dazu hier, auf diesem heiligen Boden?

Aber es geht doch immerhin um unser aller Seelenheil! Müssen wir da nicht mit allen Mitteln darum kämpfen?

Doch nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Wort! Und das muss ausgerechnet ich Euch als Lutheraner sagen! Ihr seid doch immer die, die so auf das Wort bedacht sind.

Da habt ihr natürlich Recht, Meister Göbel. Lasst uns doch einmal die Ritter fragen, wofür sie mit ihrem Leben einstehen. Was für sie ein guter Kampf ist.

Gute Idee, Prediger Kuschel! Herr Ritter, was ist Euch in Eurem Leben wichtig? Wofür setzt Ihr euch ein?

(Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, ...)

Das sind in der Tat wichtige Werte. Und das ganz ohne Schwertkampf und Krieg darum, wer denn nun Recht hat. Ich glaube, Meister Göbel, ich muss Euch beipflichten. Glauben kann man nicht im Kampf erringen.

Lasst uns doch einmal in der Heiligen Schrift nachlesen, was der Apostel mit dem guten Kampf des Glaubens gemeint hat!

Ha! Heute sind aber die Rollen wirklich vertauscht! Ihr ratet mir, die Bibel zu lesen. Wo doch erst Dr. Martinus Luther sie für uns ins Deutsche übersetzt hat. Aber natürlich habt Ihr Recht.

1. Tim 6, 3-12

Wenn jemand sich nicht an die gesunden Worte unseres Herrn Jesus Christus und die allgemeine christliche Lehre hält,

4 dann ist er aufgeblasen und versteht nichts. Er hat einen krankhaften Hang zu spitzfindigen Untersuchungen und Wortgefechten. Daraus entstehen Neid und Streit, Beleidigungen, böse Verdächtigungen

5 und fortwährender Zank. Solche Menschen haben ihren gesunden Verstand verloren. Sie sind so weit von der Wahrheit abgeirrt, dass sie meinen, Gott zu dienen sei ein Mittel, um reich zu werden.

6 Gewiss bringt es großen Gewinn, Gott zu dienen – wenn jemand nur sein Herz nicht an irdischen Besitz hängt.

7 Was haben wir denn in die Welt mitgebracht? Nichts! Was können wir aus der Welt mitnehmen? Nichts!

8 Wenn wir also Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen.

9 Die, die unbedingt reich werden wollen, geraten in Versuchung. Sie verfangen sich in unsinnigen und schädlichen Wünschen, die sie zugrunde richten und ins ewige Verderben stürzen.

10 Denn Geldgier ist die Wurzel alles Bösen. Manche sind ihr so verfallen, dass sie vom Glauben abgeirrt sind und sich selbst viele Qualen bereiteten.

11 Du aber gehörst Gott, deshalb fliehe vor alldem! Jage dagegen der Gerechtigkeit nach, der Gottesfurcht, dem Glauben, der Liebe, der Geduld und der Freundlichkeit!

12 Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, damit du das ewige Leben gewinnst, zu dem Gott dich berufen hat.

Ja, Meister Göbel, hier am Ende steht es. Das, was der „gute Kampf des Glaubens“ bedeutet. Jage der Gerechtigkeit nach, schreibt der Apostel. Und der Gottesfurcht, dem Glauben, der Liebe, der Geduld und der Freundlichkeit!

Stellt euch vor, was das für eine Welt wäre, in der alle Christen das Ernst nehmen. Gerechtigkeit, Liebe, Geduld, Freundlichkeit. DAS ist der gute Kampf des Glaubens, Prediger Kuschel. Nicht der Kampf mit dem Schwert!

Ihr habt ja so Recht, Meister Göbel. Was haben wir da als Kirche an Schuld auf uns geladen. Die Kreuzzüge, die Ketzer- und Hexenverfolgungen. Die Bauernkriege und all das. Ich hoffe doch auch auf eine Welt, in der wir friedlich miteinander umgehen. Selbst mit den Papisten.

Und wir mit euch Lutheranern. Ja, wir haben doch vieles gemeinsam.

Und das gilt ja nicht nur für die großen Kirchen untereinander. Sondern noch viel mehr dafür, wie wir selbst unser Leben gestalten. Jage der Gerechtigkeit nach, schreibt der Apostel. Ich fürchte, auch in fünfhundert Jahren wird es noch Menschen geben, die in Armut leben und die nicht wissen, wie sie ihre Kinder ernähren sollen. Bei so etwas sind nicht nur die Kirchen gefordert, sondern jeder einzelne.

„Der gute Kampf des Glaubens“ - das ist ja schon so etwas wie eine Gebrauchsanleitung für unser Leben. Liebe, Geduld, Freundlichkeit.

Stellt Euch vor, Meister Göbel, alle Menschen auf der Welt würden einander so begegnen! Alle würden aufeinander achtgeben, sich gegenseitig helfen. Nicht auf den eigenen Vorteil bedacht, sondern auf das Wohlergehen des anderen.

Da haben wir noch einen weiten Weg vor uns, glaube ich.

Ja. Gerade auch viele Christen in unserer Zeit sehen Kirche manchmal eher als ein Instrument zur Machterhaltung. Ihr habt Recht, Meister Göbel. Liebe, Geduld und Freundlichkeit. So sollten wir miteinander umgehen. Ob in der Familie, in der Kirche oder mit den Menschen, denen wir auf der Straße begegnen.

Und wir sollten bescheidener werden. Ein Amt in der Kirche sollte nicht ein Weg zur Macht sein, sondern dazu, anderen noch besser dienen zu können.

Ganz ehrlich, Meister Göbel: Bei Eurem Papst Leo kann ich mir das nicht vorstellen. Aber man kann ja noch träumen. Vielleicht gibt es ja sogar eines Tages einen Papst, der den ganzen Prunk beiseitelässt. Der sich den Armen zuwendet. Der diesen guten Kampf des Glaubens wirklich so führt. Als Kampf um Gerechtigkeit, Gottesfurcht, Glauben, Liebe, Geduld und Freundlichkeit.

Stellt Euch das vor. Er könnte sich Franziskus nennen, nach unserem beliebten Heiligen. Das wäre ein starkes Zeichen, findet Ihr nicht?

Ja, in der Tat! Und wir alle könnten unsere teilweise kleinlichen Streitereien beiseitelassen und gemeinsam für eine bessere Welt sorgen.

Eine dienende Kirche, die für Liebe und Freundlichkeit steht. Eine lebendige Kirche, in der alle Mitglieder an diesem gemeinsamen Ziel arbeiten. Ob wir das noch erleben werden?

Die Menschen werden immer dazu neigen, ihren eigenen Vorteil zu suchen. Auch die Menschen in der Kirche. Es wird lange dauern, viele kleine Schritte benötigen. Ein Papst Franziskus, der sich den Armen zuwendet? In 500 Jahren vielleicht, Meister Göbel. Aber ich werde daran arbeiten, dass die Welt ein wenig besser, gerechter, freundlicher wird. Ihr habt mich überzeugt: Das ist der gute Kampf des Glaubens.

Gott gebe uns seinen Segen dazu.

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Comments

 Gut gekämpft ihr edlen Ritter. Das gefällt selbst einem Papisten, der am Sonntag in den unwirtlichen Bergen der Schweinfurter Rhön unter Kuratell gestellt wurde. Ich wär gerne bei Euch dabei gewesen.

 

Ritter Günni, der Knaan aus Ottendorf