Predigt: Getauft zur Nachfolge
Predigt am Sonntag Lätare 2015
Schweinfurt – St. Salvator, 15.3.2015
Text: Joh 12, 20-26
Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest. 21 Die traten zu Philippus, der von Betsaida aus Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollten Jesus gerne sehen. 22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Philippus und Andreas sagen's Jesus weiter. 23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. 24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. 25 Wer sein Leben lieb hat, der wird's verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird's erhalten zum ewigen Leben. 26 Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.
Liebe Gemeinde!
„Klein-Ostern“ wird dieser Sonntag Lätare auf halbem Weg durch die Passionszeit manchmal genannt. Nicht nur, weil eben jetzt die Hälfte der Zeit hinter uns liegt. Sondern auch wegen des Themas heute. Denn ganz zart deutet sich in unserem heutigen Predigttext schon an: Mit dem Tod ist nicht alles vorbei. Mit dem Tod beginnt etwas Neues. Das Weizenkorn in der Erde stirbt nicht einfach, es lässt etwas Neues wachsen und bringt viel Frucht. Wüssten wir nicht schon, was aus so einem Weizenkorn einmal werden kann – wir würden es bestimmt niemals glauben. Ein solches Korn soll zu so einem großen, starken Halm werden? Niemals!
Die Jünger Jesu damals wussten auch über Jesus nicht, was eines Tages werden würde. Immer wieder redete er mit ihnen über seinen Tod und darüber, dass das nicht das Ende sein würde – doch sie verstanden es nicht. Wie hätten sie es auch verstehen können? Sie wussten sozusagen nicht, was aus diesem Samenkorn Jesus eines Tages werden würde. Wir dagegen wissen es. Wir haben uns sozusagen daran gewöhnt. Für uns ist es klar: Nach dieser Zeit des Leidens, nach Karfreitag, kommt Ostern. Schon jetzt beginnen wir, zumindest Ostereierfarben zu kaufen, vielleicht schon schöne Ostereiersträuße herzurichten. Und der Lätarestrauß wird heute aufgestellt, weil seine Zweige dann bis Ostern ausschlagen sollen.
Wie tief der Fall für Jesu Jünger damals war – ich glaube, das können wir überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Dieser Jesus, dieses Weizenkorn, das war doch alles gewesen, was sie hatten. Sie haben es erst später verstanden, dafür um so intensiver. Vielleicht waren sie deshalb auch so ernsthaft in ihrer Nachfolge?
Ja: Nach Ostern, vor allem dann nach Pfingsten, als sie den Heiligen Geist bekommen hatten, da gingen sie in alle Welt, wie Jesus es ihnen aufgetragen hatte. Sie erzählten anderen von diesem Weizenkorn, das kein Weizenkorn geblieben war. Das gestorben war und etwas Neues, völlig Unerwartetes in die Welt gebracht hatte: Die Hoffnung auf ein ewiges Leben bei Gott. Ach was, Hoffnung. Für sie war es mehr als das. Für sie war es eine absolute Gewissheit! Und diese Gewissheit, die gab ihnen auch die Kraft zur Nachfolge Jesu. Denn nicht überall war die Botschaft von Jesus willkommen. Wir wissen das: Wie viele Menschen wurden um ihres Glaubens willen verfolgt, gefoltert, getötet! Das war schon immer so. Aber gerade in unserer Zeit ist es wieder der Fall. Nicht so sehr hier bei uns, obwohl man schon auch blöd angeschaut wird, wenn man beispielsweise in der Kantine oder Mensa ein Tischgebet hält. Aber was wir aus Syrien hören, aus dem Irak, aus Nigeria, aber beispielsweise auch aus Somalia oder Pakistan: Das ist einfach nur noch schockierend. Das hätte ich in dieser Intensität nicht mehr für möglich gehalten. Zehntausende, wahrscheinlich Hunderttausende unserer Glaubensbrüder und -schwestern haben alles verloren, werden zum Teil getötet, jedenfalls vertrieben, weil die Islamisten von Islamischem Staat, Boko Haram und anderen Organisationen ihren eigenen Glauben missverstehen, ihn missbrauchen, nur die eigene Position gelten lassen und sie mit Waffengewalt durchzusetzen versuchen.
Nachfolge: Das ist nicht immer einfach nur bequem, mal am Sonntag in die Kirche gehen. Was würden Sie tun, wenn diese Islamisten plötzlich vor Schweinfurt stünden? Wenn sie Ihnen ein Gewehr an den Kopf hielten und sagten: Werde Muslim oder stirb? Ehrlich, ich weiß es nicht, was ich tun würde.
Jesus sagt: Wer sein Leben lieb hat, der wird's verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird's erhalten zum ewigen Leben. 26 Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein.
Könnte ich das? Mein Leben aufgeben, weil ich die Gewissheit habe, dass Gott mich auffängt, dass ich nicht tiefer fallen kann als in Gottes Hand? Könnten Sie es?
Ich hoffe sehr, dass wir nie vor dieser Entscheidung stehen werden. Ich glaube aber, dass Gott auch für alle ein Herz hat, die in so einer Situation schwach geworden sind. Denn Gott ist und war immer auf der Seite der Leidenden, der Schwachen, der Bedrohten.
Und wir? Was heißt Nachfolge für uns? Heute, an Klein-Ostern, erinnern wir uns daran, dass wir getauft sind. Dass wir zur Nachfolge berufen sind, mit allen Konsequenzen. Das muss ja kein gewaltsamer Märtyrertod sein. Aber – sind wir in unserem Leben eigentlich als Christinnen und Christen erkennbar? Sind wir die, die – wie Jesus – offen und liebevoll auf alle zugehen, ganz egal auf wen? Sind wir die, die die andere Wange hinhalten? Sind wir die, die fröhlich, erlöst und furchtlos wirken, weil sie wissen: Gott hält uns in seiner Hand, was auch immer da kommen mag? Sind wir die, die nicht nur am Sonntag in der Kirche von unserer Hoffnung, unserer Überzeugung erzählen, sondern jedem Rede und Antwort stehen, der uns nach unserem Glauben fragt?
Nachfolge ist nicht einfach. Nicht einmal in einem offenen, weitgehend toleranten Land wie Deutschland. Wir werden das nicht immer schaffen. Nur einen Teil davon. Unser Leben lang können wir uns bemühen und werden vollständige, sozusagen „perfekte“ Nachfolge nicht hinbekommen.
Das müssen wir auch nicht. Denn genau das ist es ja, wofür dieses Samenkorn Jesus gestorben ist: Damit es Frucht bringt für uns. Und diese Frucht, das ist – das ewige Leben. Für uns. Für unsere verfolgten Schwestern und Brüder. Für alle, die auf Jesus vertrauen. Für alle, für die es nicht nur Klein-Ostern gibt, sondern die darauf hoffen: Das, was nach all dem hier kommt, das wird ganz groß.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.