Wir Esel - Predigt Heiligabend 2012
Predigt im Familiengottesdienst an Heiligabend 2012
Oberwerrn, 24.12.2012
Text: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. (Mt 25, 40)
Liebe Gemeinde!
So ein Esel! Wie kann er nur sagen: „Das ist mein Stall!“ - und will keinen Platz machen, ausgerechnet für Jesus! Wie kann er nur – so denken wir.
Aber stellt euch mal vor: Heute abend, mitten in der Bescherung, klingelt es an der Tür, ein Mann und eine hochschwangere Frau stehen davor und fragen, ob sie bei euch übernachten dürfen. Würdet ihr euer Schlafzimmer für die beiden hergeben? Heute Nacht woanders schlafen, bei der Schwester, beim Bruder oder vielleicht bei den Eltern? Also, ich weiß nicht. Für wildfremde Menschen, die da plötzlich an der Tür stehen?
Klar, wir wissen jetzt, wer die waren, die da zum Esel kamen. Und am Ende wusste der Esel es auch und hat sich mit den anderen gefreut. Aber zuerst? Und dann nehmen sie ihm auch noch die Krippe weg und legen ein Baby da rein. Also nein.
Ich habe mich das ganz ernsthaft gefragt: Was würde ich tun? Nein, ich glaube, ich könnte diese Leute nicht so vor der Tür stehen lassen. Andererseits laufe ich oft an den Bettlern in der Fußgängerzone vorbei oder speise die, die an der Tür klingeln, mit ein paar Cent ab.
Hättet ihr, hätten Sie, die Erwachsenen, die Eltern von Jesus in Ihr Haus gelassen? Ganz ehrlich?
Viele Jahre später wird dieses kleine süße Jesuskind einmal den Satz sagen: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. (Mt 25, 40) Also: Wenn ihr einem armen Menschen helft oder einem, der in Not ist – dann tut ihr das für mich. In diesen Menschen begegne ich euch.
Doch wir Esel – wir erkennen ihn so oft nicht. Wir sind blind. Wir schauen nur auf unsere eigenen Bedürfnisse. Und dann fragen wir uns, warum die Welt so ein schlechter Ort ist und schimpfen auf Gott, weil er's nicht besser macht.
Es gibt weit über 2 Milliarden Christen auf der Welt. Stellt euch vor, die nehmen alle diese Erfahrung des Esels ernst. Stellt euch vor, diese 2 Milliarden fangen an, in jedem Menschen das Kind Jesus zu sehen. Stellt euch vor, diese 2 Milliarden leben alle nur ein kleines bisschen mehr so, wie Jesus es uns in seinem Leben vorgemacht hat: Liebevoll den Menschen zugewandt. Weniger auf den eigenen Vorteil bedacht. Ohne zu verurteilen oder zu verletzen.
Was wäre das auf einmal für eine Welt, in der wir leben würden? Wenn zwei Milliarden Menschen ihr Leben ändern, neu aufeinander zugehen, ihren Streit beilegen, einander helfen? Wenn sie dem Bettler nicht einfach 20 Cent hinwerfen, sondern sich einen Moment zu ihm setzen, sich mit ihm unterhalten?
Nennen Sie mich blauäugig und naiv. Ich glaube, dann wäre vom Reich Gottes auf dieser Welt schon viel mehr spürbar.
Heute, an Weihnachten, da feiern wir, dass Gott in die Welt gekommen ist. Das kleine Kind im Stall bestaunen wir. Die Botschaft der Engel hören wir vom Frieden auf Erden. Spüren dieses Wunder: Die Rettung der Welt, sie fängt ganz klein an. Nicht groß, stark und mächtig. Nicht durch Waffengewalt, durch Stärke und Macht. Sondern klein, arm und schwach. In einem Kind.
Die Rettung der Welt, sie fängt ganz klein an. Staunend, vielleicht manchmal auch skeptisch und zweifelnd stehen wir an dieser Krippe. Vielleicht berührt es heute unser Herz, dieses Jesuskind. Vielleicht, nein sicher, verändert und rettet es auch unser Leben.
Amen.