Ansprache beim MehrWegGottesdienst am 14.7.2019: Beziehungs-Weisen

Haben Sie mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin auch eine Beziehungs-Weise? Also eine gemeinsame Melodie. Ein Lied, bei dem Sie sich kennengelernt haben oder zum ersten Mal geküsst haben oder so. „Unser Lied, das muss unbedingt bei unserer Hochzeit gespielt werden“, so sagen es mir manche Hochzeitspaare. Eine Beziehungs-Weise, die die beiden begleitet.

Ach, das war gar nicht gemeint? Warum eigentlich nicht? So ein Lied, das ist doch was, was eine Beziehung stärkt. Es erinnert beide an den Anfang. Daran, wie schön das alles war, an die Schmetterlinge im Bauch, das Herzklopfen, an die Sehnsucht, wenn man mal allein war.

Na ja, manchmal hilft das alles nichts und alles geht in die Brüche. Und auf einmal stehst du alleine da. Der Partner, die Partnerin weg. Kaum noch Freunde, die sich um dich kümmern. Auf einmal bist du eine Beziehungs-Waise mit ai. Allein und einsam. Und dann?

Dann ist es an der Zeit, weise zu handeln. Ein Beziehungs-Weiser zu werden. Darauf zu achten: Was macht meine Beziehungen gut, was schadet ihnen und was schadet mir?

Dabei gibt es ja so viele unterschiedliche Weisen von Beziehungen. Es gibt ja nicht nur die Liebe zwischen zwei Menschen. Es gibt die Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen. Die Beziehungen in der Familie, Freundschaften, lose Bekanntschaften. Und Facebook. Da kann es dann schon mal sein, dass Leute einem Menschen noch Jahre nach dem Tod zum Geburtstag gratulieren, weil die Beziehung so lose war, dass sie‘s einfach nicht mitbekommen haben.

OK, genug Wortspiele gemacht. Obwohl, einen hab ich noch: Ist das Gegenteil von Be-ziehung dann vielleicht Be-drückung?

Das finde ich gar nicht so weit hergeholt. Denn: Ohne Beziehungen können wir Menschen nicht leben. Ohne Beziehungen gehen wir ein, führen ein bedrücktes und bedrückendes Leben.

Wie ist das in Ihrem Leben?

Viel haben wir jetzt über Beziehungen schon nachgedacht. Das „Doppelgebot der Liebe“, das wir vorhin gehört haben, hat uns im Team bei der Vorbereitung beschäftigt. Eigentlich ist es ja ein Dreifach-Gebot: Du sollst Gott lieben, deinen Nächsten lieben – und dich selbst. Und wenn „lieben“ keine Beziehung ist, dann weiß ich auch nicht.

Also – wie steht‘s um diese Beziehungen? Was tust du dafür, diese Beziehungen zu verbessern?

Fangen wir doch mal mit dir selbst an: 
Magst du dich?
Bist du im Reinen mit dir?
Oder kritisierst du ständig selber an dir rum?
Zu dick, zu dumm, zu faul, zu ineffektiv.
Ja, warum denn?
Geht das nicht auch anders?

Man muss es ja nicht gleich auf der anderen Seite übertreiben: „Ich bin so schön, ich bin so toll, ich bin der Anton aus Tirol“. Aber einfach zu wissen: Ich bin gut so, wie ich bin. Und mich selbst zu mögen, so wie ich bin. Das wäre doch schon mal ein guter Anfang.

Denn mindestens einen gibt es, der sagt genau das: Du bist gut so, wie du bist. Die meisten von uns sind vermutlich als Kind getauft worden. Das finde ich nach wie vor ein ganz wunderbares, starkes Zeichen: Wir konnten überhaupt nichts dazu tun. Von uns wurde nichts erwartet. Ganz egal, ob wir gerade geschlafen haben oder geschrien: Gott hat gesagt: Ich mag dich. Du bist gut. Ich nehme dich an, so wie du bist. Auch, wenn du vielleicht alles andere als perfekt bist. „Gottes geliebte Gurkentruppe“ hat Sandra Bils das vor zwei Wochen in der Abschlusspredigt beim Kirchentag genannt. Das sind wir: Eine schräge Truppe von manchmal etwas durchgeknallten Menschen. Aber geliebt von Gott. Eben: Gottes geliebte Gurkentruppe.

Und du? Was machst du heute aus dieser Beziehung? Ist sie so eng wie die von Don Camillo? Oder eher so, dass irgendwo in einem fernen Winkel deiner Gedanken noch so etwas wie Gott existiert? Würdest du an dieser Beziehung gerne etwas ändern? Vielleicht solltest du dir nochmal einen der Zettel aus unserer MehrWegPhase nehmen und ihn für Gott ausfüllen – wie wäre das?

Ich glaube, das letzte ergibt sich dann aus diesen beiden fast von alleine. Wer sich von Gott geliebt weiß und das auch für sich selbst annimmt, der wird das ausstrahlen. Der kann daran arbeiten, die Beziehungen zu anderen Menschen zu verbessern. Liebevoller zu machen. Tiefer zu machen. Und für andere Menschen dazusein. Für Versöhunung einzutreten. Für bessere Beziehungen. Für die Liebe.

Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.